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Labordiagnostik bei chronisch-entzündlicher Darmerkrankung (CED)

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen sind komplexe, multifaktorielle Krankheitsbilder, bei denen zu den wegweisenden Leitsymptomen häufig abdominelle Schmerzen, anhaltende Diarrhö oder ein rektaler Blutabgang gehören. Zu den klassischen CED-Entitäten zählen der Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa. Als Systemerkrankungen müssen CED allerdings nicht nur auf den Gastrointestinaltrakt beschränkt sein.

DR. MED. ANTJE HOHMANN DA SILVA

2203 Pic 02Etwa die Hälfte der Patienten weist extraintestinale Manifestationen auf, die sich neben der am häufigsten beschriebenen Eisenmangelanämie mit unterschiedlicher Häufigkeit an Gelenken (z. B. enteropathische Spondyloarthritis), Haut (bspw. Erythema nodosum oder Pyoderma gangraenosum), Augen (z. B. Uveitis) als auch hepatobiliär abspielen können (primär sklerosierende Cholangitis [PSC], primär biliäre Cholangitis [PBC], Autoimmunhepatitis [AIH]). Selten sind zusätzlich das kardiorespiratorische System, Pankreas oder die Nieren betroffen.

Erstdiagnostik

Da ein früher Therapiebeginn den weiteren Krankheitsverlauf positiv beeinflusst, ist zur raschen Diagnosestellung eine Zusammenschau von ausführlicher Anamnese (insbesondere auch kürzliche Reiseanamnese und Nahrungsmittelunverträglichkeiten) und körperlicher Untersuchung neben der Labordiagnostik, endoskopischen und histologischen Befunden sowie bildgebenden Verfahren entscheidend.

Laborchemisch sollten im Rahmen der initialen Diagnostik zur Beurteilung von Entzündung und Krankheitsaktivität mindestens das große Blutbild, CRP und ggf. BSG, Kreatinin, Leber- und Cholestase-Parameter (ALAT/GOT, ASAT/GPT, GGT, AP) und der Eisenhaushalt (Ferritin unter Kenntnis des CRP und im Zweifel der sTFR/lösliche Transferrinrezeptor sowie die Transferrinsättigung) untersucht werden.

Da eine relevante intestinale Entzündung auch bei unauffälligen serologischen Parametern nicht immer sicher ausgeschlossen werden kann, bieten fäkale Entzündungsmarker einen großen diagnostischen Zugewinn. Neben Laktoferrin hat vor allem Calprotectin als Neutrophilenprotein eine herausragende Stellung in der akuten Abklärung einer CED sowie deren Verlaufsdiagnostik eingenommen und wird ebenfalls zum Therapie-Monitoring bei bekannter CED herangezogen. Calprotectin im Stuhl dient auch zur Abgrenzung von nicht-entzündlichen Ursachen intestinaler Beschwerden bzw. dem (funktionellen) Reizdarmsyndrom, kann aber eine infektiöse Ursache naturgemäß nicht differenzieren.

Bei Erstmanifestation und ggf. im Schub sollte zum Ausschluss einer intestinalen Infektion eine mikrobiologische Stuhldiagnostik erfolgen, mit der v. a. die häufigsten bakteriellen Enteritis-Erreger (in absteigender Reihenfolge: Campylobacter, Salmonellen, enterohämorrhagische E. coli [EHEC] und Shigellen) zuzüglich Clostridioides difficile-Toxin erfasst werden. Bei entsprechender Anamnese müssen ggf. auch virale Erreger (Noroviren, Rotaviren) und Parasiten (v. a. Giardia lamblia, Amöben und Kryptosporidien) berücksichtigt werden. Bei CED-Patienten mit schwerem oder steroidrefraktärem Verlauf sollte auch an das Vorliegen einer Cytomegalievirus (CMV)-(Re-)Infektion gedacht werden.

Der differenzialdiagnostische Ausschluss einer Zöliakie gelingt mit der Bestimmung von IgA-AK gegen Transglutaminase und Gesamt-IgA. Bei vorliegendem IgA-Mangel ist die zusätzliche Verwendung eines IgG-basierten Tests erforderlich (z. B. Gliadin-IgG oder Transglutaminase-IgG).

Da sich die Unterscheidung zwischen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa manchmal schwierig gestaltet, kann zur Abgrenzung dieser beiden Krankheitsentitäten im Einzelfall der Nachweis von perinukleären antineutrophilen cytoplasmatischen AK (p-ANCA) für die Colitis ulcerosa und Anti-Saccharomyces-cerevisiae-AK (ASCA) für den Morbus Crohn hilfreich sein.

Krankheitsverlauf

Bei Patienten mit gesicherter CED ist im weiteren Krankheitsverlauf mit vielfältigen Mangelerscheinungen zu rechnen, die sich am häufigsten als Anämie äußern. Neben dem Eisenmangel (Untersuchungen zum Eisenhaushalt siehe Seite 4) kann es je nach Dünndarmbefall oder Ileum-Resektion zu einem Folsäure- und/oder Vitamin B12-Mangel kommen, sodass bei entsprechendem klinischen Verdacht der Folsäurespiegel und zur Abklärung des Vitamin B12-Haushalts vorzugsweise Holo-Transcobalamin (Holo-TC) und ggf. Methylmalonsäure bestimmt werden sollten.

Ein auftretender Proteinmangel bzw. Proteinverlust kann sich in verminderten Serumkonzentrationen für Gesamteiweiß und Albumin niederschlagen. Außerdem können Resorptionsstörung und Malnutrition zu einem Mangel an Spurenelementen (Zink, Magnesium) und weiteren Vitaminen (A, D und E) führen.

CED-Patienten unter Therapie mit Biologika werden zur Überprüfung von Medikamentennebenwirkungen oder Therapieansprechen ebenfalls labormedizinisch begleitet. In diesem Zusammenhang werden je nach eingesetzter therapeutischer Substanz bspw. BB, Nieren- und Leberfunktion überprüft sowie Arzneimittelspiegel (z. B. Infliximab, Adalimumab, Vedolizumab, Golimumab, Ustekinumab) und ggf. entsprechende Anti-Drug-Antikörper bestimmt. Bei geplantem Einsatz von Thiopurinen (z. B. Azathioprin) wird vor Therapiebeginn die Bestimmung der TPMT-Aktivität und ggf. die TPMT-Genotypisierung empfohlen.

Zusammenfassend ist bei V. a. CED eine rasche und zuverlässige Erstdiagnostik erforderlich. Bei Anwendung der bewährten und der vielen neuen Therapiemöglichkeiten ist ferner eine engmaschige Patientenbetreuung mit gezielten Verlaufskontrollen im Rahmen des Therapie-Monitorings notwendig.

 


Literatur

  1. Gruber R. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen – Darm ohne Charme. Trillium Diagnostik 2021; 19(3): 184–187
  2. Fischer S, Rath T, Neurath MF. Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Internist 2018; 59:681–693
  3. S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn“, Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs-und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), 2021; AWMF-Registernummer: 021–004
  4. S3-Leitlinie Colitis ulcerosa – Living Guideline: Überprüfung 2021; Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) – AWMF-Registriernummer: 021–009