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Was tun bei erhöhtem Parathormon aber nicht erhöhtem Calcium? Normocalciämischer primärer Hyperparathyreoidismus

Ein normocalciämischer primärer Hyperparathyreoidismus (NC-PHPT) ist gekennzeichnet durch wiederholt erhöhtes Parathormon bei gleichzeitig unauffälligem Calcium, sofern sekundäre Ursachen für erhöhte PTH-Werte sorgfältig ausgeschlossen worden sind.

DR. MED. HANS-ULRICH ALTENKIRCH

Für die Diagnosestellung ist es ratsam, das ionisierte Calcium zu untersuchen. Am sichersten wird dieses mit der Blutgasanalyse ermittelt, was aus präanalytischen Gründen im niedergelassenen Bereich kaum realisierbar ist. Alternativ kann das Gesamtcalcium mithilfe der Albuminkonzentration korrigiert werden.

Da ein klassischer primärer Hyperparathyreoidismus (PHPT) durch wechselnd hohe Calciumwerte gekennzeichnet ist, wird vermutet, dass es sich beim NC-PHPT um eine Sonderform des klassischen PHPT handeln könnte. Es wird empfohlen, eine Verlaufskontrolle durchzuführen, um einen etwaigen Anstieg des Calciums zu erkennen. Auch andere pathophysiologische Hypothesen werden diskutiert.

Die Daten zur Prävalenz des NC-PHPT sind uneinheitlich und reichen von 0,4 bis 8,9 %. In einem unselektiven Kollektiv von gesunden postmenopausalen Frauen betrug der Anteil eines normocalciämischen primären Hyperparathyreoidismus 6 % nach Ausschluss eines Vitamin D-Mangels, Niereninsuffizienz und Malabsorption!

Patienten mit NC-PHPT können ähnliche Symptome wie bei einem klassischen PHPT entwickeln: Osteoporose, erhöhte Frakturbereitschaft, Nierensteine, auffällige Glukosetoleranz und Hypertonus sowie neuropsychiatrische Symptome wie Depressionen und Angststörungen sind beschrieben. Oft werden Patienten mit NC-PHPT erst bei Abklärung von Nierensteinen oder metabolischen Knochenerkrankungen entdeckt.

Vergleichbar mit dem klassischen PHPT mit erhöhtem Calcium stellt sich auch beim normocalciämischen PHPT je nach Symptomatik die Frage nach chirurgischer oder medikamentöser Therapie.

Sekundäre Ursachen zeigen häufig niedrig normale Calciumwerte und sind auszuschließen, bevor die Diagnose des NC-PHPT gestellt werden darf:

Vitamin D-Mangel

Der Vitamin D-Mangel ist die häufigste Ursache einer sekundär bedingten Parathormon-Erhöhung und ist durch die Bestimmung von 25-OH-Vitamin D leicht verifizierbar. 25-OH-Vitamin D-Werte unter 20 ng/ml zeigen eine Insuffizienz oder einen Mangel an. Unter Substitution sind Vitamin D Werte sicher oberhalb 20 ng/ml anzustreben und nach 3 Monaten können PTH und Calcium erneut bestimmt werden.

Chronische Niereninsuffizienz

Eine weitere Ursache für ein erhöhtes PTH ist die chronische Niereninsuffizienz, d. h. die berechnete GFR liegt über 3 Monate unter 60 ml/min. Bei solch einer GFR sollte die Diagnose eines NC-PHPT nicht gestellt werden.

Medikamente

Folgende Medikamente sind häufig mit moderaten PTH-Erhöhungen vergesellschaftet:

  • Schleifendiuretika
  • Bisphosphonate
  • Denosumab
  • Antiepileptika
  • Lithium

Sofern klinisch vertretbar, kann ein Auslassversuch erwogen werden. Antiresorptive Substanzen wirken sehr lange: Bei Bisphosponaten ist eine Medikamentenpause von 12–24 Wochen und bis zu einem Jahr notwendig, bevor sich PTH normalisiert. Bei Denosumab, das auch zu höheren PTH-Werten führen kann, beträgt diese Pause 7–9 Monate.

Calcium-Malabsorption und verminderte Calciumaufnahme

Bei Darmerkankungen, Bypass-OP oder Lipidmalabsorption kann PTH ebenfalls erhöht sein. Typischerweise besteht dann ein Vitamin D-Mangel mit niedrigem bis normalem Calcium und Hypocalciurie. Auch ein alimentär bedingter Calciummangel ist möglich.

Idipathische Hypercalciurie

Studien der letzten Jahre konnten nachweisen, dass eine idiopathische Hypercalciurie (> 4 mg/kg/die) keine sekundäre Ursache für erhöhtes PTH darstellt. Allerdings kann bei Patienten mit primärem Hyperparathyreoidismus postoperativ eine Hypercalciurie bestehen bleiben und durch den permanenten Stimulus zu einer Hyperplasie der Nebenschilddrüse mit erhöhtem PTH führen.


Literatur

  1. Munoz de Nova JL et al. A practical approach to normocalcemic primary hyperparathyroidism, Endocrine 2021 Nov; 74(2):235–244.
  2. Cusano NE et al. Management of Normocalcemic Primary Hyperparathyroidism. Best Pract Res Clin Endocrinol Metab. 2018 Dec; 32(6):837–845